Ich war erst versucht diesen Artikel “Manipulative Männer” zu nennen… das Gros meiner Leser sind ja Leserinnen… aber dieses Phänomen gibt es vermutlich genau so häufig bei Hündinnen wie bei Rüden. Also entschied ich mich um.

Grund für diesen Artikel ist Voltaires derzeitiges Fressverhalten. Er ist “krüsch” (der Duden übersetzt dies mit “wählerisch im Essen”).  Soll heißen: Er frisst sehr wohl, wenn es das Richtige ist. Nur ist nur Weniges derzeit das Richtige.

Gestern Morgen begann es: Es gab Hühnerflügel.  Während William genüsslich losknackte, roch Voltaire leicht angeekelt an dem Flügel und drehte dann den Kopf weg. Also kniete ich mich vor ihn und lockte mit säuselnder Stimme: “Schau mal, leeeegger Hühnerflügel”.  Keine Reaktion, aber William war bereits fertig und schaute erfreut. Also bekam er den Flügel.

Für Voltaire holte ich den nächsten, den er erst nahm, als William sich begeistert seinem dritten Flügel zuwenden wollte. (Für alle mit futterwählerischen Hunden: Futterneid beflügelt ungemein!).

Die restlichen Mahlzeiten des Tages wurden widerstandslos vernichtet.

Heute Morgen gab es nochmals Hühnerflügel und wieder verweigerte Voltaire sich. Bin ich der Sklave meines Hundes???? Nö….. die Flügel wurden eiskalt an William verfüttert – der neigt ja eh zu Untergewicht.

Ca. zwei Stunden nach der eigentlichen ungefähren Fütterungszeit klebte Voltaire an mir. Egal wo ich hinwollte.. er wollte mit. Stumm, mit riesigen Augen…

Während ich vorm Rechner saß und arbeitete, klebte er an meinem Bein und starrte zu mir hoch.

Und nun passierte das wirklich Erstaunliche. OBWOHL ich Tierernährungsberaterin bin, war ich auf einmal verunsichert. Was, wenn dem Tier etwas fehlt? Vielleicht muss er einfach raus? Vielleicht hat er Schmerzen? Und ich unterstelle ihm Gier….

Über mich selbst erstaunt hielt ich noch ca. 30 min durch. Dann beschloss ich mit Voltaire vor die Tür zu gehen – nur um festzustellen, dass ihn das gar nicht interessierte.

Ah, er könnte Zahnschmerzen haben und daher Knochen verweigern?!…. Ein Griff in die Leckerchendose belehrte mich eines Besseren – Kauen konnte er ohne Probleme.

Nun gibt es  mittags bei uns immer einen Snack – einfach weil Williams Magen empfindlich auf Leere reagiert. Heute gab es getrockneten Fisch… Jeder sollte einen bekommen. Da die Fische sehr dünn waren, aber groß, wurde sie in Fressnäpfe geschmissen und vor die Jungs gestellt. Als ich Voltaires Blick sah, entschied ich den Raum einfach zu verlassen  – ich lasse mich nicht terrorisieren.. ich kenne mich ja aus!

Ich kehrte nach 10 min zurück. William hatte versucht seinen Fisch zu zerlegen – das hatte auch super geklappt. Er war im ganzen Flur verteilt – atomisiert.

Voltaires Schüssel war komplett leer… aber sein Blick leidend. Das verstand ich aber erst, als Voltaire seinen Sitzplatz verließ und William sich auf diesen schmiss und das Buddeln begann…. zu Tage kam der Fisch: Sorgsam vergraben.. der war also auch nichts. Aber William schmeckte er.

Gemeiner Weise gab es heute Abend nochmals Fisch. Und Voltaire verweigerte auch diese gewolfte Forelle. Wenn Fisch, dann will er Lachs – ansonsten findet er Fisch doof. Und ich verweigerte die Handfütterung. Denn ich finde matschige Forelle an den Händen doof. Und nun sitze ich hier und tippe.. und Voltaire hypnotisiert mich  – kurz vorm Hungertod. Und ich bin fest entschlossen bis morgen durchzuhalten.. da gibt es Kalbsknochen zum Frühstück (nicht für mich). Ich lasse mich nicht manipulieren – nö! Aber wann immer ich beruflich “zuschlage” und Menschen sage, dass sie sich nicht von ihrem Hund terrorisieren lassen sollen, dürfen sie nun diesen Artikel zücken. Denn noch ist ja nicht des heutigen Tages Abend. Und Voltaire sieht irgendwie wirklich unglücklich aus.