Voltaire, der klügste Hund von allen, wurde vor einigen Monaten aus gesundheitlichen Gründen kastriert. Gesund ist er nun, aber die Kastration zeigt Folge – gemeine, aber auch gute.

Um Voltaire´s Fans gleich Entwarnung zu geben: Es geht ihm gut! Nur hat er mit mehr oder minder schweren Fisimatenten zu kämpfen.  Genau genommen mit einer. Der Rest sind Kleinigkeiten, über die ich aber auch berichten möchte.

Voltaire und seine Umwelt

Als Mitbewohnerin zweier intakter Rüden war eine meiner größten Sorgen, dass sich das Verhältnis von Voltaire und William verkomplizieren würde. Immerhin war Voltaire von Anfang an Chef.  Und es stellte sich die Frage, ob er dies auch ohne seine Kronjuwelen bleiben würde?

Er ist es immer noch. Es gab ca. zwei Monate nach der OP einen einzigen Versuch von William die Herrschaft zu übernehmen: Er wollte dem Chef ein Spielzeug entwenden. Etwas dass er vorher nie gewagt hätte. Aber: Ein vernichtender Blick vom Boss, ein kurzes Knurren und William zog ohne Spielzeug von dannen. Das war´s.

Mit fremden Hunden ist alles gleich geblieben. Voltaire fand sie schon immer überflüssig. Das ist bis heute so geblieben. Und die meisten Hunde verstehen das auch. Und wenn sie es einmal nicht verstehen, dann macht er es ihnen durch seine unnachahmliche Arroganz ziemlich schnell klar.

Was Voltaires Kontakt zu Menschen angeht, kann ich folgendes berichten: Herr Voltaire ist deutlich zugewandter. Er fand Menschen schon immer interessanter als Hunde. Nun ist er allerdings ein echter Menschenfan. Früher brauchte er eine Weile, um zu entscheiden wem er seine Zuneigung zukommen lässt Heute ist er ausgesprochen großzügig in der Verteilung seiner Sympathie.
Früher ließ er sich huldvoll streicheln, heute fordert er dies vehement ein. Und er liebkost zurück:  Dass nicht jeder Mensch begeistert ist, wenn er von Hunden geküsst wird, scheint ihn nicht zu interessieren.

Voltaire und die Figur

Um es kurz zu sagen: Eine Tragödie. Während er bisher bei der Nahrungsaufnahme eher unhündisch wählerisch war, während des Fressens auch mal Pausen machte oder Reste ließ, ist er heute maßlos und rasend schnell. Fressen ist sein neues Hobby. Wenn ich mich nur in Richtung Küche bewege, springt er auf und folgt mir. Während der Spaziergänge sucht er nach Essbarem und ist erstaunlich erfolgreich. Wobei sich unsere Vorstellung von „essbar“ stark unterscheiden. Vermutlich muss ich mit ihm auf seine alten Tage noch ein „Anti-Gift-Köder“ absolvieren.
Das ist aber durchaus verständlich, wenn man beachtet, wie viel, bzw. wenig heute noch in seinen Napf kommt. Denn bereits ca. einen Monat nach der Kastration stellte ich fest, dass Voltaires Taille verschwand. Er neigte schon immer dazu leicht zuzunehmen, aber nun geht jeder Bissen direkt auf die Hüften. Also reduzierte ich seine Portionen. Inzwischen auf ca. 50 % der früheren Mengen. Dass man da verfressen wird ist kein Wunder.

Voltaire und die Hormone

Medizinisch betrachtet ist das ganz einleuchtend. Die hormonelle Veränderung hat nämlich u.a.  zwei gravierende Folgen. Banal gesagt:

  • der Stoffwechsel verlangsamt sich
  • die appetithemmende Wirkung der Sexualhormone verschwindet.

Deswegen ist (Fr)essen wohl auch der Sex des Alters.

Und so steht Voltaire als Rüde in den besten Jahren (11), nun vor einem halbvollen Napf und leidet.

Wie der Herr, so das Gescherr

Und ich leide ein wenig mit ihm: Erstens bin ich als Frau in den besten Jahren voller Verständnis und zweitens darf ich seine Erwartungen nicht erfüllen. Obwohl ich ihm gerne nachgeben würde.
Da hilft es mir auch gar nicht, dass ich als Ernährungsberaterin um die Folgen von Übergewicht weiß: Gelenkprobleme, Herzkreislaufproblem, Harnsteine u. v. m..

Als „Frauchen“ bin ich einfach nur mitfühlend und muss mich täglich zusammenreißen, um Voltaires Wunsch nach einem vollen Napf nicht nachzugeben.
Und inzwischen zwinge nicht nur ich mich einmal die Woche auf die Waage, sondern auch Voltaire.

Da ist er übrigens erheblich tapferer als ich.

Literaturtipp

Für Alle, die sich tiefergehend für das Thema Katration eines Hundes interessieren, am Ende noch ein Buchtipp: „Kastration und Verhalten beim Hund“ von Sophie Strodtbek und Udo Gansloßer.  Das Buch ist nicht nur sehr informativ, sondern erstaunlich gut zu lesen.